Buchbesprechung Momotombo – von Clara Hoffmann

09.06.2017 – „Was schon? Sieben Jahre Revolution und das Verhalten der Männer hat sich kaum verändert. Worauf sollen wir warten? Wir haben begonnen, uns zu wehren, indem wir uns organisieren.“

So erlebt Julia die Situation der Frauen in Nicaragua. Sie ist der Einladung eines nicaraguanischen Frauenverbandes gefolgt und verlässt Deutschland, um den Aufbau einer Kooperative in einem kleinen Dorf zu unterstützen. Das Land befindet sich mitten in einer gesellschaftlichen Umwälzung, nachdem die links orientiere, vorherige Guerillaorganisation FSLN den Präsidenten 1979 gestürzt und die Herrschaft übernommen hat.

Schon kurz nach ihrer Ankunft wird Julia hineingerissen in einen Strudel aus Gewalt, Armut und Chaos, dem die Hoffnung und Träume der nicaraguanischen Bevölkerung entgegenstehen. Die Konterrevolution, die von den USA finanziert wird, um kommunistische Bewegungen zu ersticken, bringt noch mehr Chaos ins Land.

Die aufgeklärte Feministin und 68er-Aktivisitin, deren Sichtweise von westlicher Naivität geprägt ist, findet zunächst nur schwer Zugang zur komplexen Lage in Nicaragua. Aber durch Begegnungen und Unterhaltungen mit der nicaraguanischen Bevölkerung, der ehemaligen Guerillakämpferin Ana, den protestierenden Näherinnen, die ganz kapitalistisch nach Stückzahl entlohnt werden wollen, dem geheimnisvollen Raúl und der Revolutionärin Juana kann sich Julia der Geschichte und derzeitigen Probleme des Landes langsam annähern.

Dabei spielt die Frauenbewegung eine besondere Rolle. Trotz Gesetzen, die die Gleichstellung der Frau gewährleisten sollen, leiden Frauen unter Gewalt und müssen doppelt so hart arbeiten, um ihre Existenz und die ihrer Kinder zu sichern. Durch Julias Begegnungen mit verschiedenen Frauen werden auch wir, die Lesenden, an die Fortschritte und ständigen Hindernisse im Kampf für mehr Frauenrechte herangeführt. Dabei werden Julia die Interessenkonflikte innerhalb der Revolutionsströmungen und die Diskrepanz von Ideologien und Wirklichkeit immer präsenter.

Elisabeth Erdtmann schöpft in diesem Buch aus Erfahrungen während ihrer Aufenthalte in Nicaragua in den 80ern. Dabei stellt sie die Revolution und das Verlangen nach Freiheit wild, zerstörerisch und doch fruchtbarkeitsbringend dar, so wie das Ausbrechen des Vulkans Momotombo.

tredition, Hamburg 2016. 404 Seiten. 14,99 €
Besprechung: Clara Hoffmann
TERRE DES FEMMES, Menschenrechte für Frauen e.V.

http://www.frauenrechte.de/online/index.php/dokumentationsstelle/literaturtipps