Solidarität mit der nicaraguanischen Revolution – Buchbesprechung von Elisabeth Voß

Der Roman Momotombo spielt in den 1980er Jahren in Nicaragua. Momotombo ist der Name eines Vulkanbergs, Wahrzeichen des Landes, und dieser Titel weist auch auf die explosive politische Situation hin, nachdem die sandinistische Befreiungsfront FSLN die Somoza-Diktatur 1979 gestürzt hatte, und nun versuchte, eine andere, gerechtere Gesellschaft aufzubauen.

Hauptfigur ist Julia, eine Aktivistin aus Westdeutschland, die nach Nicaragua gekommen ist, um die Revolution zu unterstützen. Während die meisten Solidaritätsreisenden nur für ein paar Wochen kamen, bleibt Julia länger und hilft den nicaraguanischen Frauen Verband beim Aufbau einer Textil-Kooperative in einem Dorf.

Das Buch leistet einen Beitrag zur Geschichtsschreibung aus der Perspektive der Protagonistin, die sich in Deutschland der radikalen Linken zuordnet. Westdeutschland stand damals fest an der Seite der USA, die mit allen Mitteln versuchten, die Volksregierung der FSLN zu torpedieren und Contra-Banden unterstützten, die systematisch brandschatzend und mordend das Land destabilisierten.

Es gelingt Elisabeth Erdtmann aus hiscorischen Fakten facettenreiche Bilder entstehen zu lassen, aus denen die Hoffnungen der nicaraguanischen Revolution im Alltag der Menschen spürbar werden, ebenso wie die Verzweiflung der Angehörigen, wenn wieder einmal Familienmitglieder oder Freund*innen von Contras umgebracht wurden. Seine Authentizität bezieht der Roman nicht zuletzt daraus, dass die Autorin damals selbst einige Jahre in Nicaragua gelebt hat. Wortgewaltig beschreibt sie ihre Wahrnehmungen und Gedanken, all das Fremde, Verunsichernde, und die quälenden Selbstzweifel ihres Alter Ego Julia.

Manchmal war mir beim Lesen etwas zu viel Fülle und Wucht in den Sätzen, wenn immer noch ein weiteres starkes Bild auf mich eindrang, und ich konnte spüren, wie überwältigt Julia von den oft viel zu vielen Eindrücken war. Immer wieder reflektiert sie ihre Rolle, befragt sich und ihre Mitstreiter•innen nach kolonialen Denktmustern, und nach den nicht zu leugnenden Privile­gien, auch hier im Solidaritätseinsatz.

Die Autorin hat in die Dialoge der Romanhandlung und teils auch in Kommentaren, Erläuterungen zur politischen Siruation eingefügt, die meist zum Verständnis hilfreich sind, auch wenn ich den Einordnungen nicht immer folgen mochte, insbesondere wenn ich sie als geschlechterklischeehaft oder als bewertende Zuschreibungen empfand. Diese Stellen habe ich unter »authentisch« verbucht, ebenso wie die häufige Verwendung des fragwürdigen Begriffs »Volk«. Aus de Perspektive von vor 30 Jahren ist hier dokumentiert, wie damals in der Linken mitunter gedacht und gesprochen wurde.

Insgesamt ist der Roman ein Zeugnis von nicht zuletzt auch feministischer Solidarität. Er zeigt anschaulich und berührend die Bemühungen, unter den Bedingungen ständiger Bedrohung selbstverwaltete und solidarische Strukturen aufzubauen.

Quelle: https://elis.netz.coop/bereich/home/seite/veroeffentlichungen/